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Die Annakapelle als Ort jenseits von richtig und falsch

«Jenseits von richtig und falsch liegt ein Ort. Dort treffen wir uns.»  Rumi

Gebaeude Anna Kapelle

Das Sakrament der Beichte hat enorm an Bedeutung verloren. Die Wartezeiten für den Beginn einer Psychotherapie dagegen sind lang. Der Beichtstuhl war zu lange auch ein Ort sozialer Kontrolle und der Herrschaft des Klerus über Menschen. Heute reden wir vom spirituellen und auch vom sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche.

Und dennoch: Wir alle stehen tagtäglich in mancherlei Konflikten. Mit uns selbst, innerhalb unserer Familien, am Arbeitsplatz, in der Gemeinde. Wie können wir uns versöhnen mit unserer Lebensgeschichte, mit

Menschen, denen wir Unrecht getan oder die sich an uns «versündigt» haben? Wie finden wir Frieden?

Die Annakapelle in Therwil will ein Raum sein, in dem diese Fragen gestellt werden dürfen. Sie sollen auf offene Ohren der Seelsorgerinnen und Seelsorger treffen. Es soll nicht länger darum gehen, Menschen zu bewerten, denn der Ort, an dem Begegnung möglich wird, liegt eben, wie der islamische Mystiker Rumi es formulierte «jenseits von richtig und falsch.»

Schriftzug

Der Beichtstuhl der Stephanskirche stand früher an der Rückwand der Kirche, ein dunkles, schweres Möbelstück, das so gar nicht in den Raum zu passen schien. Es diente seit Jahren als Stuhllager und Abstellort.

Wie anders empfängt nun die Annakapelle in Therwil als Ort des Friedens Menschen. Es öffnet sich ein schlichter Raum, der den Blick nach vorne lenkt auf den Anna Selbdritt-Altar, das Bild einer weiblichen Dreifaltigkeit.

annakapelle innen

Die nur aus der Legende bekannte Grossmutter Jesu hält ihre Tochter Maria und ihr Enkelkind Jesus auf dem Schoss, ein zärtliches Bild (gross-)mütterlicher Liebe und Geborgenheit. Davor lädt eine Sitzgruppe ein, Platz zu nehmen, sich zurück zu lehnen und den Gedanken freien Lauf zu lassen. Da können zwei Menschen miteinander auf Augenhöhe sprechen, sich wirklich begegnen, sich einander öffnen und erzählen, was sie freut und was sie verzweifeln lässt. Was sie sich vorwerfen und welche Vorwürfe sie in sich tragen. Wo sie sich schuldig fühlen und nicht ankommen gegen dieses Gefühl.

Zwei Skulpturen links und rechts stehen für das Für und Wider allen Lebens. Maria, die Ja sagte zum Abenteuer einer ungeplanten Schwangerschaft und Barbara, die Nein sagte zur vorgesehenen Frauenrolle und ihre Berufung leben wollte, wie sie es in sich spürte. Im Chor hinten rechts an der Wand eine Pieta: Maria hält ihren toten Sohn in Armen und scheint zurück zu blicken auf die Anfänge als junge Mutter mit dem kleinen Kind. Unser Leben – ausgespannt zwischen Geburt und Tod, zwischen Glück und Leid.

All dies hält die Annakapelle bereit: eine manchmal auch schmerzliche Tradition der römisch-katholischen Kirche und doch die Sakralität eines Raums, der Geborgenheit schenkt weit über alles Sichtbare hinaus.

Die Annakapelle wird nun täglich geöffnet sein. Anders als bisher. Sie präsentiert sich im wahrsten Sinn des Wortes zugänglich für die Botschaft, die der Mann aus Nazareth brachte: Dass Gott es liebt, immer wieder neu anzufangen mit uns. Dass der barmherzige Vater dem verloren gegangenen Sohn freudig entgegeneilt und ihn in seine Arme schliesst. Dass die Frau das verlorene Geldstück so lange sucht, bis sie es wiedergefunden hat, so wie Gott uns sucht, bis wir uns wiedergefunden haben in IHR.

Bitte beachten Sie auch unseren Flyer zur Anna-Kapelle: Raum für Frieden.


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